Kita Habermannstraße: Unser partizipatives Umweltprojekt

Glückliche Fische und Bäume mit Gefühlen.

Den Erzieherinnen unserer Vorschulgruppe in der Kita Habermannstraße ist es sehr wichtig, den Kindern neben den üblichen Vorschul-Angeboten Zeit und Raum für die Erforschung eigener Fragen und Interessen zu geben.

So entwickelte sich aus Leonies Frage „Machen wir eigentlich die Welt kaputt?“ schnell eine spannende Forschungsreise, auf die sich die Kinder gemeinsam mit ihren Erzieherinnen begaben:

Die erste Station war das Wissen der Kinder, dass wir „Löcher in die Luft machen“. Daraufhin begann die Gruppe, sich mit der Ozonschicht zu beschäftigen. Was mag das sein? – Bald war dies herausgefunden und Spraydosen und „Kuhpupse“ als Störenfriede identifiziert, die „in den Himmel fliegen“ und dort Löcher in die Schutzhülle der Welt „fressen“.

Bald richteten die Kinder ihr Augenmerk auch auf Müll, speziell auf Plastik-Abfall und seine Umwelt-Auswirkungen. Dafür nahmen sie zunächst ihren Gruppenraum kritisch unter die Lupe und bemerkten, dass ihr Papier-Mülleimer aus Plastik bestand! Daraufhin stellte die Gruppe einen Papiermülleimer komplett aus benutztem Malpapier her. Hausgemachtes Recycling!

Die Kinder fassten auch den Plan, Müll in der Kita-Umgebung zu sammeln: „Damit die Tiere das nicht fressen und sich nicht verletzen!“ Dafür brauchte man Handschuhe und Tüten. Aber Moment mal: Die Tüten sind ja auch aus Plastik! Wir nahmen also Pappkartons.

Eines Tages ging der vielbenutzte Gruppen-Globus kaputt. Was könnte man tun, um wieder eine Erdkugel in der Gruppe zu haben? Die spontane Antwort der Kinder lautete: „Selber bauen!“ Weil ein Ball der Form einer Erdkugel am nächsten kommt, entschieden sich die Kinder für einen alten Wasserball als „Basis“, beklebten ihn mit Papierschnipseln und Kleister und malten ihn blau an. Es folgte die Einzeichnung der Landmassen nach dem Vorbild des ausrangierten Globus‘. Schließlich belebten die Kinder die Kontinente mit allem, was ihnen auf ihrer Erde wichtig ist: Bäume, Häuser, Tiere, Geschäfte… Auch verschiedene Landesflaggen durften nicht fehlen, die kennen die Kinder aus unserem Morgenkreis, in dem bei uns in allen Gruppen-Sprachen gesprochen und gezählt wird.

Nun sah der nachhaltig produzierte Globus wirklich perfekt aus – und besser als das alte Modell.

Doch unser Umwelt-Projekt war noch längst nicht beendet: Eines Tages beim Frühstück (das von den Eltern mitgebracht wird) fiel den Kindern auf, wieviel Plastikmüll dabei anfällt (Joghurtbecher, verschiedene Folien usw.). Was würde wohl damit geschehen, wenn wir ihn sammeln und beobachten? Gesagt – getan! Der Plastikmüll wurde in ein Glasgefäß gesteckt und zum Vergleich füllten wir noch zwei weitere Gefäße, eines mit Bio-Müll (Bananen- und Mandarinenschalen, Apfelgehäusen usw.) und eines mit verblühten Blumen. Alle drei kamen auf die Fensterbank. Die Kinder versammelten sich mit ihren Erzieherinnen einmal täglich an den Gefäßen, besprachen ihre Beobachtungen und notierten sie in einem „Müll-Tagebuch“. Während die Kinder starke Veränderungen beim Bio-Müll und den Blumen wahrnahmen (Verfärbungen, vertrocknen, Schimmel, Entwicklung von Feuchtigkeit, Geruchsentwicklung), stellten sie fest, dass beim Plastik „nichts passiert“. Würden Obst- und Blumenreste irgendwann ganz und gar verschwinden? Und der Plastikmüll für immer bleiben, weil bei ihm so gar keine Veränderung festzustellen war?

Wir schauten uns auch einen kurzen Film über den Plastikmüll im Ozean an und waren alle recht erschrocken über die Bilder. Daraus entstand eine Diskussion darüber, was der Welt, den Menschen, Tieren und der Natur nicht guttut: „Glas muss nicht in den Blumen liegen. Das sieht nicht hübsch aus und man kann sich verletzen.“ „Man darf Flaschen nicht ins Wasser werfen, das ist nicht gut für die Fische.“  „Und die Plastikflaschen schwimmen mit dem Wind bis an die andere Seite der Welt.“ „Die Fische und die Enten denken dann, das ist ein Wurm. Die kriegen dann Bauchweh oder sterben, wenn sie Plastik fressen.“

Was können wir denn dazu beitragen, damit es der Welt bessergeht?

Dazu hatten die Kinder viele Ideen: „Wenn ein Mensch Müll auf den Boden schmeißt, kann man hingehen und sagen: ‚Wirf den Müll in den Mülleimer.‘“ „Die Menschen können zum Einkaufen lieber Stofftaschen benutzen.“ „Wenn gerade kein Mülleimer da ist, kann man seinen Müll in die Hosentasche stecken.“ „Und wenn man Papier herstellt, dann geht es den Bäumen nicht so gut, weil das Papier ja aus den Bäumen gemacht wird. Also müssen wir weniger Malpapier benutzen.“ „Ja, weil Bäume auch Gefühle haben. Man soll auch keine Blätter abreißen.“ „Viel Auto fahren ist schlecht, das stinkt. Besser ist, wenn die Menschen mit den Füßen laufen. Dann kann man dabei auch die Welt angucken.“

Auf Gemälden hielten die Kinder ihre Vorstellung der idealen Welt fest: „Auf meiner Welt geht es allen Menschen gut, weil da kein Müll rumliegt. Und da wachsen Apfelbäume, damit alle Menschen etwas zu essen haben.“ „Auf der Erde geht es den Mäusen, Katzen, Hunden und den Gespenstern gut, weil die Luft sauber ist und alle gut atmen können.“ „Ich gehe auf einer sauberen Erde spazieren.“ „Im Wasser schwimmen zwei glückliche Fische, weil da kein Plastik drin ist.“

Das Thema Umwelt haben unsere Kinder inzwischen sehr verinnerlicht. Als während der „Vogel-Woche“ u.a. über Nestbau gesprochen wurde, waren sie besorgt darüber, dass manche Vögel Plastikmüll in ihren Nestern verbauen und dass das bestimmt „nicht gut für die Vogelbabys“ sei.

Sophia rettete auf dem Außengelände ausgerissene Grashalme mit Wurzelballen: Die Halme wurden zurück in die Erde gesetzt, gehegt und gepflegt, „weil Pflanzen ja wichtig sind auf der Welt“.

Der Umweltgedanke hat sich durch das größtenteils von den Kindern selbst initiierte und weiterentwickelte Projekt sehr gefestigt. Sie betrachten ihre Umwelt sensibler, nehmen Kleinigkeiten wahr, tauschen sich untereinander und mit uns Erwachsenen aus, und reagieren dabei sowohl kritisch als auch konstruktiv.

Da wir nachhaltiges Denken und Handeln in unserer Kita unterstützen und ausbauen möchten,

haben auch wir Erwachsene uns Gedanken zum Umwelt-Thema gemacht. Die erste spontane Idee: Das diesjährige Sommerfest gestalten wir plastikfrei!

Unser Fazit:

Uns ist einmal mehr vor Augen geführt worden, was Tolles entstehen kann, wenn man den Kindern genau zuhört, sie zum Nachdenken und Forschen anregt und sie an Prozessen beteiligt!

(Aus dem Stadtkinder-Heft 3-2019)